Man mag es kaum glauben, aber dass gerade das dritte Programm aus Bayern einen ganzen Samstagabend dem Werk meines deutschen Lieblins-Regisseurs Fatih Akin widmet…egal.
Um 20:15 Uhr geht es los mit der Romantik-Komödie „Im Juli“. Erst vor ein paar Tagen habe ich gelesen, dass Akin gerade mit viel Respekt an seinen neuesten Film herangeht – eine Komödie. Aus dem Grund, weil es viel schwerer wäre Menschen zum Lachen als zum Weinen zu bringen. Mit dem Film aus dem Jahr 2000 ist es ihm allerdings schon wunderbar gelungen. Nicht umsonst ist die DVD von „Im Juli“ eine meiner ersten DVDs überhaupt und somit ein elementarer Grundstein meiner Sammlung.
Die Geschichte handelt von der ziemlich abgedrehten Schmuckverkäuferin Juli (Christiane Paul) und dem eher konservativen Referendar Daniel (Moritz Bleibtreu). Juli verliebt sich Hals über Kopf in Daniel, der jedoch seine „Liebe auf den ersten Blick“ mit der jungen Türkin Melek erlebt. Doch Melek ist gerade auf der Durchreise und muss weiter nach Istanbul. Juli, deren amouröse Hoffnungen von Daniel bitter enttäuscht wurden, will nur noch raus aus der Stadt – per Anhalter. Natürlich kommt es wie es kommen muss: Daniel ist der erste Autofahrer, der für sie anhält – und er ist auf dem Weg nach Istanbul.
Ich liebe diesen Film! Was auf den ersten Blick vielleicht arg kitschig klingt, ist in Wirklichkeit eine echte deutsche Filmperle. Bleibtreu und Paul liefern hier hervorragende Leistungen ab. Es ist schön, mit anzusehen wie Juli nach und nach in Daniel die Leidenschaft weckt. Zu Beginn des Filmes wirkt er wie die hinterletzte Schlaftablette. Juli hilft ihm immer mehr aus sich heraus gehen, verrückte Dinge zu machen. Und soviel sei verraten (da ist wieder mal das Thema „Spolier“…): der Film endet mit einer der schönsten Liebeserklärungen, die ich je in einem Film gesehen habe. Ein echter „Tränendrüsen-Drücker“, den ich unumwunden empfehlen kann.
Anschließend folgt um 21:45 die Dokumentation „Crossing the Bridge – The Sound of Istanbul“, in der Akin die Welt der türkischen Musik beleuchtet. Ihre Hintergründe, ihre Abstammung, ihre Macher und die moderne Musik. Diesen Film habe ich zwar noch nicht gesehen, aber wenn einer das Thema türkische Musik interessant und mit viel Herzblut verfilmen kann, dann Akin.
Und zum großen Finale des Abends folgt dann jener Film, der Akin nicht nur den Durchbruch, sondern auch den Goldenen Bären, den Deutschen Filmpreis und den Europäischen Filmpreis einbrachte: „Gegen die Wand“.
Der Türke Cahit sieht in seinem Leben keinen Sinn mehr und fährt mit seinem Wagen frontal gegen eine Mauer. Im Krankenhaus lernt er anschließend die junge Türkin Sibel kennen, die ebenfalls einen Selbstmordversuch hinter sich hat. Grund dafür ist ihre konservative Familie, die ihr kein westliches Leben mit wechselnden Partnern zugestehen will. Als Ausweg bittet sie Cahit um eine Scheinehe. Nachdem er einwilligt, obwohl er sie nicht liebt, zieht sie bei ihm ein und führt ein wildes Leben mit One-Night-Stands am laufenden Band. Cahit beginnt Gefühle für sie zu entwickeln. Als dann ein Ex-Liebhaber von Sibel ihm gegenüber abfällig von ihr spricht, explodiert Cahit und das Verhängnis nimmt seinen Lauf…
Zu Recht hat Akin für diesen Film jede Menge Preise abgeräumt. Im Gegensatz zu „Im Juli“, der schon hier und da ein wenig flippig und überzogen wirkt, ist „Gegen die Wand“ bedrückend real. Das Problem, mit dem Sibel sich herumschlägt ist in unserem Land allgegenwärtig. Gerade auch das hervorragende Spiel von Sibel Kekilli und Birol Ünel (für mich einer der größten „Typen“ im deutschen Schauspielbetrieb) trägt viel dazu bei, dass der Zuschauer während des Films häufig den Atem anhalten muss, um nach dem Film mal tief durchzuatmen. In weiten Strecken ist der Film eine echte Tortour – nicht weil er schlecht ist, sondern weil er die Problematik so authentisch schildert. Ein echtes Muss für Freunde des deutschen Films.
Abschließend gibt es noch die Akin-Doku „Wir haben vergessen zurückzukehren „, in der sich Akin auf die Spuren seiner Familie macht. Er besucht beispielsweise das Dorf, aus dem seine Eltern kommen. Ausschnittsweise habe ich den Film mal gesehen und selbst das sah ganz interessant aus.
Kurzum: ich gestehe, dass Fatih Akin nicht nur einer meiner erklärten Lieblings-Regisseure ist, sonder außerdem noch eine „ziemlich coole Sau aus Hamburg“. 😉