In den Kommentaren zu unserer 284. Sendung hat sich eine rege Diskussion entwickelt, was technische Neuerungen im Kino angeht. Unser treuer Hörer und Ex-Moderator Reptile bringt es für mich mit folgenden Sätzen sehr gut auf den Punkt:
3D ist überflüssig und nervt auch viele Zuschauer. Es stellt sich doch aber vor allem die Frage: Bringt es das Medium entscheidend weiter? Was bringt die ganze Technik der Geschichte? Die Technik sollte sich meiner Meinung nach der Geschichte unterwerfen und nicht umgekehrt.
Und das ist für mich eigentlich die Kernfrage, die sich bei allen neuen Techniken stellt. Oftmals wird über die Diskussion über neue Techniken der eigentliche Sinn von Filmen ganz vergessen: erzählt der Film eine spannende, berührende Geschichte? Wenn ja, dann ist es ganz egal wie scharf das Bild ist, wie tief die Szenerie wirkt und wie „surround“ der Sound ist.
Zwar kann ich die Lobgesänge von Phil und Lars im bezug auf „Metropolis“ nicht wirklich nachvollziehen, aber grundsätzlich unterstreicht ihre Verehrung meine These: der Film funktioniert, obwohl die Bilder nicht in HD geliefert werden, obwohl der Film nicht mal Farbe ist und keine gesprochene Sprache hat. Trotzdem wird man in die Geschichte hinein gerissen und ist bestens unterhalten.
Ich fürchte nichts mehr als eine Welt, in der Filme nur noch nach ihren technischen Spezifikationen beurteilt werden. Etwas übertrieben: „Ey, der neue Film von Uwe Boll ist ja von der Handlung her sooo schlecht und dass der noch mal den Henry Maske als Schauspieler vor die Kamera zerrt… Aber: das Bild war so was von gestochen scharf und der Sound – whoa! Du wirfst Dich weg. Echt jetzt, geht hin und guck Dir den im Kino an.“ Gruseliger geht’s doch nicht, oder?
Wenn ich Peter Jackson wäre und so einige Äußerungen hören würde, die gerade so über den „Hobbit“ kursieren; ich würde mich ins stille Kämmerlein sperren und nur noch heulen. Stellt Euch das vor: Ihr seid ein gigantisch großer Fan von J.R.R. Tolkiens Werken. So sehr, dass Ihr Jahre Eures Lebens damit verbringt Mittelerde so gut wie möglich nachzubilden, dafür sorgt, dass jedes Detail so ist wie es sein soll. So sehr, dass Ihr nachts nicht schlafen könnt, weil Ihr mit dem Entwurf für dieses eine Schwert und für diesen einen Umhang noch nicht hundertprozentig zufrieden seid. Ihr setzt alles daran, die fantastische Welt Mittelerdes für die gesamte Welt erfahrbar zu machen. Ihr wollt eine tolle Geschichte in tolle Bilder packen, habt dafür ein dreistelliges Millionenbudget und eine Armada an Helfern vor und hinter der Kamera, die allesamt versuchen eine Geschichte herzustellen, die den Zuschauer in die Leinwand reißt.
Und dann sitzen die Leute da und unterhalten sich nur darüber, dass man ja sehen kann, dass die Hobbits gar keine echten Hobbits sind, sondern nur geschminkt. Darüber, dass die Bewegungen dank 48fps so unnatürlich aussehen. Sie meckern weil der 3D-Effekt nicht so toll ist wie sie es sich erhofft haben. Ich an Jacksons Stelle würde im hohen Bogen kotzen.
Der ganze Zauber der Geschichte geht verloren über Diskussionen um das ganze Drumherum. Was habe ich mich damals darüber aufgeregt, dass jemand bei „Spiderman 3“ moniert hat, dass man die CGI-Effekte „ja so voll uncool erkennen“ konnte. Da gibt es die einen, die bei der BluRay auf Pause drücken, um zu beweisen, dass der gigantisch hohe Kran, der gerade in sich zusammenstürzt, nicht genau den Regeln der Physik folgt. Und in der Zeitlupe kann man sehen, dass sich die Flammen der Explosion ganz anders entwickeln als im echten Leben. Und da gibt es die anderen, die es einfach nur cool finde, dass Spiderman kreuz und quer über die Leinwand schwingt, das hübsche Mädchen und damit auch den Tag rettet.
Ich habe das Gefühl, dass wir alle inzwischen viel zu verwöhnt sind und unsere hohen Erwartungsansprüche von keiner Produktion erfüllt werden können. Wenn es solche Multi-Millionen-Dollar Projekte wie „Der Hobbit“ oder „Spiderman“ nicht können – wer dann?
Es bringt ja nix in ein Lamentieren a la „Früher war alles besser“ zu verfallen, aber ich würde mir wünschen, dass wir alle mal wieder mehr Augenmerk auf die erzählte Geschichte als auf ihre technisch perfekte Umsetzung legen würden. Letztes Beispiel: Während ich als kleiner Steppke bei der ersten Sichtung von „Planet der Affen“ (ja, der ganz alte Schinken, in dem Menschen einfach nur komische Affenmasken aufgestülpt wurden) oft die Luft anhalten musste, weil es einfach spannend war und mich mitgenommen hat, diskutieren wir heute bei „Planet Of The Apes: Prevolution“ darüber ob die computergenerierten Affen sich denn authentisch bewegen. Irgendwie kommt es da doch zu ungesunden Verwerfungen im Wertesystem, oder?