Drehbuch: Tom Ford, Austin Wright
Schauspieler*innen: Amy Adams, Jake Gyllenhaal, Michael Shannon, Aaron Taylor-Johnson
Kinostart D: (FSK 16)
Kinostart US: (FSK R)
Originaltitel: Nocturnal Animals
Laufzeit: 1:56 Stunden
Filmkritik zu Nocturnal Animals
Der Film ist nicht der klassische Thriller – mindestens in der Ästhetik und Tiefgründigkeit des Dargestellten gibt Nocturnal Animals dem Zuschauer deutlich mehr. Erscheinen die anfänglichen adipösen Damen mit breiten Dehnstreifen in der Haut noch als Provokation, entwickelt sich der Film schnell zu einem tatsächlichen Hingucker: Das Spiel mit Licht und Schatten ist gelungen, Amy Adams trägt schon fast geodreieck-getreu ihre Haare exakt zur Hälfte im Gesicht, später wischt sie sich jegliches MakeUp aus dem Gesicht. Man braucht nicht immer viele Worte, um etwas zu sagen.
Der Ablauf der namensgebenden Novelle „Nocturnal Animals“ ist bereits von der reinen Erzählung harsch. Getragen wird diese dennoch durch Jake Gyllenhaal als Ehemann und Vater, dem seine Familie entrissen wird, und Michael Shannon als trockener, an Vergeltung interessierter texanischer Polizist. Die Performances sind hervorragend, sodass es nicht wundert, dass insbesondere Michael Shannon diverse Nominierungen für seine Nebenrolle erhielt. Die innere Zerrissenheit eines Familienvaters, dem seine Frau und Tochter genommen wurden, bringt Gyllenhaal sehr authentisch rüber, insbesondere in der Gefahrensituation. Den manischen Wahnsinn aus Nightcrawler erreicht er zwar nicht, aber er bestätigt erneut, dass seine Rollen aktuell passend ausgewählt und entsprechend mit Leben gefüllt sind.
Durch seine Symbolik ermöglicht der Film viele Interpretationen. Zeitweise verschmilzen die Realitätsebenen: Sowohl der real existierende Autor der Novelle als auch der Familienvater innerhalb der Novelle werden beide von Jake Gyllenhaal gespielt, zum Moment eines dramatischen Moments in der Novelle fliegt ein Vogel gegen das reale Haus und ist bewusstlos. Die Symbolik ist eindeutig erfassbar, jedoch nicht plakativ: Sie ist herausfordernd. Der Film fordert auf, im Nachgang über die Verbindung der Ebenen Gegenwart – Vergangenheit – Fiktion zu diskutieren und eigene Wahrheiten abzuleiten.
Manchmal etwas zu langsam erzählt, weiß Nocturnal Animals dennoch zu packen und ist mit seinem Cast hochwertig besetzt. Für den Thrillerabend des gehobeneren Niveaus kann der Film auch mehrfachen Sichtungen standhalten.