Lasst uns mal Klartext sprechen: Filme sind überall verfügbar. Da gibt es auch wenig drumherum zu reden. Selbstverständlich befinden wir uns immer noch im berühmten Neuland, was Internetanbindung betrifft. Und da, wo wir mobiles Internet haben, ist es auch noch im europäischen Vergleich überteuert.
Unsere lokalen Internetleitungen reichen meist dann doch noch aus, im WLAN jederzeit Filme auf dem Smartphone oder Tablet zu schauen. Schaut man auf Vergleichsportale wie deinhandy.de, sieht man, dass es immer wieder zumindest Angebote mit ausreichend Geschwindigkeit und Datenvolumen gibt, sodass selbst dem mobilen Filmgenuß rein formal nichts im Weg steht.
Doch will man wirklich Filme auf Smartphone und Tablet schauen?
Als ich einige Verantwortliche vom Filmrauschpalast interviewt habe, erntete ich irrtierte Blicke, als ich hinterfragte, ob ein Film immer per se für die große Leinwand gemacht sei. Und es ist die einzig richtige Reaktion auf diese Frage: Selbstverständlich sind Filme für die große Leinwand gemacht.
Seit einigen Wochen pendele ich mit dem ICE mehrmals die Woche zwischen Berlin und Hannover. Der Zug fährt knapp 90 Minuten – die perfekte Länge für einen Film. Ich habe es ausprobiert: Ich habe mir bei Amazon Prime Video einige Filme zum Offline schauen heruntergeladen. Mehr noch: Ich habe sogar einen Film im Zug geschaut. Was für eine Katastrophe.
Das Display spiegelte immer wieder. Der Ton war weder über die OverEar-Kopfhörer noch über die Apple-Kopfhörer wirklich erquickend. Mehrmals zuppelte ich mein Tablet zurecht, weil es rutschte oder ich meine Sitzposition wechselte und somit nicht mehr den guten Blickwinkel hatte. Ich war teilweise mehr mit dem Herstellen eines guten Filmgenusses beschäftigt als mit dem Filmgenuss selbst.
Zusammengekauert saß ich in meinem Sitz, den Blick nach unten gerichtet, der Nacken begann zu schmerzen. Vielleicht hätte es ein anderer Film als Superbad sein sollen, den ich im Zug schaue. Die skeptischen Blicke meiner Sitznachbarin bei so manch pubertärer Szene habe ich dennoch gespürt.
Diverse Filme spielen mit einer künstlichen Limitierung der Bildspanne. Die fantastische Welt von Oz startet im klassischen 4:3, ehe sich beim Betreten des Zauberlands die volle 16:9-Spanne entfaltet. A Ghost Story geht sogar auf ein 1:1-Format, was nicht nur an Polaroids erinnert, sondern auch die Bedrängnis des Geistes vermittelt, wie er in der Zwischenwelt gefangen ist. American Honey könnte beim Roadtrip die endlosen Weiten der amerikanischen Steppe einfangen – und entscheidet sich für ein 4:3-Bildformat.
Häufig dient die Einschränkung des möglichen Bilds als Stilmittel für Enge, Beklommenheit, Ausweglosigkeit. Keine Attribute, die man gern erlebt, und die deswegen die Filme so belastend erscheinen lassen.
Und nun werden Filme auf Tablets und Handys geschaut. Man unterwirft sich also freiwillig dem Korsett der Beschränkung des Films auf einen abgegrenzten Bereich. Die Vergleiche, dass die Landschaften in Herr der Ringe nicht auf einem kleinen Bildschirm wirken, sind ziemlich ausgeblichen wie ein schlecht gewässertes Auenland. Aber etwas Wahres ist schon dran. Denn es braucht gar nicht die ausladenden Kamerafahrten, um zu erkennen: Irgendwas ist beim Konsum auf einem Smartphone oder Tablet anders. Und bei weitem nicht schöner.
Die Lösung? Naheliegend: Nehmt euch Zeit zum Film schauen, klinkt euch aus dem Alltag aus, geht ins Kino. Lasst Film nicht zum Konsumgut verkommen, das irgendwo zwischen Brötchen auf der Hand und Fahrplan-App geschaut wird. Und auch nicht zu Hause auf dem Sofa oder im Gartenstuhl. Den Blick stets nach unten geneigt, zusammengekauert und ungesund sitzend, um irgendwie doch viel zu sehen auf dem kleinen Display.
Gebt dem Film den Raum, der ihm zusteht. Große Fernseher und Beamerinstallationen gehen da in die richtige Richtung.
Doch es gibt nichts daran zu rütteln: Filme werden für die große Leinwand gemacht. Geht ins Kino!
Den Ort, wo man sich hinsetzen kann, wie man möchte und trotzdem den Film in seiner vollen Pracht sieht. Der Ort, wo gute Tonanlagen jede Nuance des Films angemessen ausstrahlen. Den Ort, wo man sich nicht für gezeichnete Penisse in Superbad schämen muss, sondern gemeinsam darüber lacht.
Der Ort, wo man zum Film aufschaut, statt auf ihn herabzuschauen.