„Lost“, “Six Feet Under” und Animes an sich

Da schaut man am späten Sonntagnachmittag mal wieder rein, was so bei Nerdtalk passiert und schon gibt es da zig neue Kommentare. Inzwischen über 20. Wow! Und um noch ein wenig Öl ins Feuer zu gießen (oder wie der geneigte Fan von italienischen Komödien sagen würde: „…um dem Affen Zucker zu geben.“), hier noch mal ein paar meiner Gedanken. Ich selbst finde sie nicht wirklich wichtig, aber da sie für unsere Hörer anscheinend sehr wichtig sind, werden sie eben noch mal im Blog festgehalten.

„Lost“:

Ich habe seinerzeit die Anfänge von „Lost“ sehr genau verfolgt und keine Folge verpasst. Seinerzeit ist nun ja auch schon ein paar Jahre her, um nicht zu sagen: das Konsumverhalten von vielen Leuten (respektable mir) war ein etwas anderes als heute. Die Anfänge von „Lost“ und anderen Serien wie „24“ fanden in einer Übergangszeit statt. In einer Zeit, in der man eben nicht mehr auf den wöchentlichen Sendetermin angewiesen war. Immer mehr Menschen gingen/gehen dazu über, sich bei Serien nicht mehr von den Sendern vorschreiben zu lassen, wann sie das Haus zu hüten haben, um eine neue Folge zu gucken. Vielmehr holt man sich inzwischen die Serie als DVD ins Haus, kann so auch gerne mal mehrer Folgen am Stück gucken. Zwar hat mir „Lost“ damals ganz gut gefallen – auch wenn ich von so einigen verwirrenden Nebensträngen leicht genervt war, die aber sicherlich zu einem grandiosen Finale zusammengeführt werden – nur fiel es schwer, das Interesse für eine solch komplexe Serie aufrecht zu erhalten, wenn sie nur einmal wöchentlich ausgestrahlt wird. In diesem Zusammenhang muss ich auf ein ähnliches Phänomen hinweise, das mich gerade erst vor kurzem ereilt hat. Das kurzlebige Interesse an „Flash Forward“.

„Flash Forward“:

Ja, ich wollte diese Serie gut finden, fand sie auch eine Weile lang recht gut und schaue sie immer noch. Doch auch hier verhält es sich wieder wie bei „Lost“. Eine sehr komplexe und referenzielle Handlung trifft auf einen wöchentlichen Senderythmus. Die ersten beiden Folgen habe ich „am Stück“ geguckt und war von der dichten Atmosphäre fasziniert. Doch ist man erst mal aus dieser Stimmung rausgerissen, fällt es schwer, sich in den kommenden Episoden da wieder hineinzufinden. Wenn man nach dem alltäglichen Trubel auf der Fernsehcouch Platz nimmt, dauert es eine Weile, bis man sich wieder auf die Serie eingependelt hat. Doch kurz danach ist die Episode schon wieder vorbei, die Ausstrahlung der nächsten dauert wieder eine Weile. Erst alle zukünftigen Folgen aufzunehmen und dann zu gucken ist für mich keine Lösung, da ich dann die ganzen Details aus den ersten Folgen sicherlich nicht mehr parat habe. Entsprechend fällt es mir momentan schwer mich für die Serie zu begeistern. Bei „Flash Forward“ kommt noch ein anderer Punkt hinzu: ich weiß nicht, wie es ausgeht. Will heißen: ist die Serie wie „Lost“ aufgebaut, wo man am Ende der ersten Staffel erst recht ein Dutzend Fragezeichen in den Augen hat? Oder endet die erste Staffel „Flash Forward“ mit einem gelungenen Abschluss, der aus der Handlung eine runde Sache macht? Problem: eine weitere Staffel wird es dank der schwachen Zuschauerzahlen in den USA nicht geben. Bleiben da vielleicht einige Fragen offen, die am Ende der ersten Staffel Lust auf die (nie kommende) zweite machen sollen? Fazit: ich werde es mir weiterhin ansehen, aber mit gewissen Vorbehalten.

„KDD – Kriminaldauerdienst“:

Ein weiteres Mal muss ich hier große Lobpreisungen für eine der besten deutschen Serien der letzten Jahre loswerden. „KDD“ läuft im ZDF momentan in der dritten und leider letzten Staffel. Sie wird ein ähnliches Schicksal ereilen wie einst „Stromberg“: zwar stimmt die Qualität zu 100%, nur leider finden sich nicht genug Zuschauer, die von ihren ollen Dokusoaps und Frauentauschen mal auf gute Fernsehunterhaltung zappen wollen. Und so wird die in den Medien hochgelobte Serie trotz Adolf-Grimme- und Deutschen Fernseh-Preis nun leider eingestellt. Das nur am Rande.

Eigentlich geht es darum, dass die einzelnen Episoden von „KDD“ zwar in sich abgeschlossene Fälle behandeln, darüber hinaus aber eine kontinuierliche Handlungsebene über die ganze Staffel ausgedehnt wird. Anstatt hier nun Folge für Folge aufzunehmen und Stück für Stück zu gucken, wird sie nun aufgenommen und an einem Wochenende durchgeschaut. Da ist man drin, da bleibt man dran, wird nicht groß rausgerissen vom Alltag, muss sich nicht erst wieder einfinden. Mit nur gut 10 Folgen pro Staffel ist das ganze auch recht übersichtlich.

Was zuviel ist, ist zuviel

Sicherlich ist letztere Form die beste, um Serien zu genießen: möglichst viele Folgen am Stück gucken, dafür vielleicht auf den einen oder anderen Spielfilm im Fernsehen verzichten. Das Problem ist einfach die Zeit: wann habe ich mal die Zeit eine Staffel „24“ oder „Lost“ so halbwegs kontinuierlich am Stück zu gucken? Dann müssen noch ein paar Folgen „How I Met Your Mother“ nachgeholt werden. „Entrouage“ wollte ich ebenso gerne mal sehen wie „Six Feet Under“. „Dexter“ wartet auch noch darauf, dass ich mir seine zweite Staffel ansehe. Das Pensum steigt immer höher. Bleibt die Frage aller Fragen: „Wann???“.

Was die ganze Sache sicherlich nicht erleichtert ist die Tatsache, dass in unserem Haushalt neben mir noch meine werte Gattin wohnt, die viele der genannten Serien sicherlich auch gerne gucken würde. Nur fällt es schwer, zwei Terminkalender so abzustimmen, dass man tatsächlich halbwegs vernünftig eine Serie durchgucken kann. Dienstags sind wir in der Sneak, da fällt Fernsehen flach. Mittwochs wird Nerdtalk aufgenommen, danach ist auch nicht mehr groß an Seriengucken zu denken. Donnerstags ist die Frauenbeauftragte bis 21:30 Uhr beim Ballett, freitags ist meist unser Kinotag. Am Wochenende hat man meist auch was anderes vor, gerade jetzt im Frühling/Sommer. Da ist einfach keine Zeit, um da auch noch 150 Stunden „Lost“ reinzudrücken, wenn ich der Serie wirklich gerecht werden will. Und wo ich das schreibe… „Stromberg“, 4. Staffel wartet auch noch auf Sichtung, ebenso „Dr. Psycho“. Wo soll ich die Zeit hernehmen, wenn es dann auch noch eine Menge Filme gibt, die man für das Heimkino „auf Halde“ aufgenommen hat? So gerne ich ein Serienfreund werden würde, allein mir fehlt die Zeit.

Animes:

Ich gehöre sicherlich nicht zu jener Fraktion, für die alles gezeichnete von Natur als „Kinderfilm“ ist. Ich kann durchaus akzeptieren, dass es viele Menschen gibt, für die Animes eine gleichberechtigte Kunstform darstellen. Ein Argument für Animes, das immer mehr an Boden verliert ist das der optimalen Realisierbarkeit von opulenten Szenen. Wer sich die Trailer von „2012“ oder „Infestation“ ansieht, der weiß, dass es auch im Real-Kino kein großes Problem mehr darstellt, ganze Stadtteile oder gar Kontinente effektvoll in Szene zu setzen. Darüber hinaus zeigen solche Serien wie „Flash Forward“ oder auch das britische „Primeval“, dass CGI-Effekte inzwischen auch mehr und mehr Ienzug in TV-Produktionen gehalten haben. Natürlich wird es mittelfristig weit weniger kostenintensiv sein, solche Szenen als Zeichnung zu realisieren; das Argument „Anime kann etwas darstellen, was Realfilm nicht kann“ wankt aber auf dünnen Beinen.

Zugegeben: in meiner Jugend habe ich bei „Captain Future“ ordentlich mitgefiebert. Ebenfalls zugegeben: Animes hatten in den letzten Jahren bei mir nie große Chancen. Immerhin hat mich Phil mal dazu gebracht mir „Die letzten Glühwürmchen“ anzusehen. Von der Story her war der Film okay, aber er hat nicht mein Herz berührt. Wenn ich da sehe wie ein kleines Kind langsam aber sicher den Strahlentod stirbt, will das bei mir einfach nicht greifen, wenn ich weiß, dass da nur ein paar Pinselstriche hinter stecken. Bei dem Film ging mir oft durch den Kopf: „Um wie viel mehr hätte mich diese Story umgehauen wenn sie eine Realverfilmung gewesen wäre?“ Das Ergebnis war immer wieder: wesentlich mehr! Also: ich spreche Animes nicht ab, dass sie wirklich tiefgehende Handlungen haben können. Ebenso nicht, dass diese Handlungen sehr komplex und ausgeklügelt sind und sicherlich teils große Teile der Realverfilmungen derhbuchtechnisch im Regen stehen lassen. Aber echte Gefühle kommen für mich da nicht auf.

Auch der Vergleich von Animes mit Pixar-Filmen ist für mich ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Beispiel: wenn sich in „Die letzten Glühwümchen“ ein kleines Kind in Fieberkrämpfen windet, so sieht man das Gesicht in drei, vier Einzelbildern, die in schneller Abfolge wiederholt nacheinander gezeigt werden. Wenn hingegen eine „Pixar-Figur“ (Dreamworks & Co. mal bitte mit reindenken hier) ein schmerzverzerrtes Gesicht macht, sind die Bewegungen geschmeidig und realistisch. Auch das ist ein Punkt, der bei mir die Anteilnahme mindert.

Phil hat vorgeschlagen, mir noch ein, zwei Animes auszuleihen, damit ich für eine Diskussion in Nerdtalk zumindest ein etwas größeres Spektrum von Animes vor Augen habe. Doch ich habe dankend abgelehnt. Warum? Weil ich mir sicher bin, dass mich auch weitere Animes nicht zum Anime-Fan bekehren werden. Mit „Die letzten Glühwürmchen“ habe ich einen Film gesehen, der mir eindrucksvoll bewiesen hat, dass Anime mehr ist als „Kinderfilm“. Die Handlung war vielschichtig und „erwachsen“. Für Phil ist es einer der besten Animes, der ihn zudem auch beim x-ten Sehen noch zu Tränen rührt. Und wenn selbst dieser zugegeben außerordentlich gute Film mich emotional so unberührt lässt, brauche ich nicht noch mehr Animes gucken, um vielleicht irgendwo doch noch einen Connect zu dieser Filmart zu bekommen.

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