Drehbuch: Chris Weitz, Charles Perrault
Schauspieler*innen: Lily James, Cate Blanchett, Richard Madden, Stellan Skarsgård
Kinostart D:
Kinostart US:
Originaltitel: Cinderella
Laufzeit: 1:41 Stunden
Filmkritik zu Cinderella
Sei es nun als klassische Variante, als Musical, Groteske oder wilde Genre-Mixtur – Märchen stehen seit ein paar Jahren bei den Blockbuster-Produktionen hoch im Kurs.
Vom unsäglichen Hänsel und Gretel – Witchhunter über Schneewittchen mit Julia Roberts als böse Königin, wiederum ganz dicht dichtgefolgt von Snow White and the Huntsman, Jack and the Giants, der unfassbar gefloppten La belle et la bête – Realverfilmung mit Vincent Cassel und Lea Seydoux – Märchenmotive kommen nicht aus der Mode und es scheint alle paar Jahre wieder angebracht, den Stoff von neuem aufzuwärmen oder sich zumindest ein paar alt-bekannter Elemente zu bedienen. Die ARD macht´s vor und produziert seit geraumer Zeit eine unübersichtliche Anzahl von mal mehr mal weniger gelungenen TV-Märchen fürs Weihnachtsprogramm, in denen sich jedwede Nachwuchs-Aktrice in ihren Prinzessinnen Qualitäten üben kann und die frisch dazu gecasteten Prinzen beim Schritt-Reiten aufpassen müssen, dass sie beim vom Pferd fallen die Perücke nicht verlieren. Und wer als einziger unter den deutschen Schauspielern nach all den Jahren noch immer nirgendwo mitspielen durfte, ist ähnlich beleidigt, wie die maximal sieben britischen Schauspieler, die es nicht in eine Harry-Potter-Verfilmung geschafft haben.
Auch vom Cinderella– respektive Aschenputtel-Stoff gibt es ja neben dem Disney-Zeichentrick eine gefühlte Unendlichkeit an filmischen Varianten diversester Genres: von Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, dem Weihnachts-Märchen-DEFA-Klassiker mit feministischer Note schlechthin, über Auf immer und ewig (im Original: Ever after – A Cinderella Story) mit Drew Barrymore in der Hauptrolle, welche wiederum auf den ganzen Magie-Aspekt mit Fairy-Godmother und dergleichen komplett verzichtet und statt dessen aus unerfindlichen Gründen Leonardo Da Vinci ins Spiel bringt, bis hin zu einer Perle der Fremdschäm-Machwerke schlechthin: A Cinderella Story mit den unvergesslichen Teenie-Größen Hilary Duff und Chad Michael Murray, der das ganze Treiben um Ball und Prinz, Stiefmutter und Tanzschuh in ein klischeetriefendes US-amerikanisches Highschool-Setting der frühen 2000er Jahre verlegt, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.
Lange Rede, kurzer Sinn – die Notwendigkeit einer Real-Märchenverfilmung ist wohl tatsächlich gerade vor allem dem mehr oder weniger gut laufenden Märchen-Real-Verfilmungs-Geschäft geschuldet, als der tatsächlichen Notwendigkeit, sich mit dem Märchen-Stoff neu auseinanderzusetzen. Und so gerät Kenneth Branaghs Verfilmung dann aber auch extrem brav.
Nette Kostüme, hübsche Gesichter; ein paar ansehnliche Schauspieler, die scheinbar tatsächlich mehr als eine Reitstunde auf dem Ponyhof hatten. Gewürzt mit ein bisschen Drama und unendlich viel Güte. Einziger Lichtblicke in soviel Gutmenschentum und winziges anarchisches Element bleibt da Helena Bonham Carter, über deren blonde Perücke man allein eine mehrseitige Abhandlung schreiben möchte. Und Cate Blanchett natürlich, welche scheinbar Jahre darauf gewartete hat, endlich eben jene böse Stiefmutter spielen zu können und die tatsächlich eine mehrschichtige Figur in dem Stereotyp findet. Es ist eben tatsächlich ein netter Film geworden, einer, der vor allem Disney-Freunde und Märchen-Liebhaber erfreuen wird; einer, den man getrost Samstagnachmittag in der Kindervorstellung ansehen kann. Ein klassisches Märchen eben, auf allen Ebenen. Und man mag es Kenneth Branagh fast verzeihen, wenn er in Interviews dann zugibt, dass er mit dem seichten, bunten Stoff seine Wallander-Depressionen kompensieren musste. Allerdings verschleiert er in seiner Verfilmung auch nie, was er eigentlich will: Kitsch und schön und bunt – opulent und unterhaltsam, ein hübsches Märchen mit Schauwert eben.
Das nächste Machwerk der Realverfilmungs-Welle ist im übrigen Das Dschungelbuch, welches demnächst eine Neuauflage erlebt. Nicht nur Disney arbeitet fleißig an einer Frischzellenkur seines erfolgreichen Trickfilms von 1967, auch Andy ‚Gollum‘ Serkis darf für Warner mit Jungel Book: Origins sein Regie-Debut geben. Den Tiger spricht selbstverständlich Benedict Cumberbatch, Christian Bale darf als Stimme von Bagheera dabei sein und den Part der Schlange Kaa übernimmt wiederum Cate Blanchett. Scheinbar sind auch Hollywood-Größen beleidigt, wenn sie nicht in Märchen mitspielen dürfen. Oder sie wollen sicher gehen, dass ihre Kinder auch mal Filme mit ihnen ansehen dürfen, bevor sie 18 sind…