Drehbuch: Emma Benestan, Nour Ben Salem
Schauspieler*innen: Yasin Houicha, Oulaya Amamra, Raphaël Quenard, Samira Sedira
Kinostart D: (FSK 12)
Originaltitel: Fragile
Laufzeit: 1:40 Stunden
Filmkritik zu Fragile
Der Originaltitel des Films ist „Fragile“. So lautet auch der deutsche Titel: „Fragil“.
Der Film zeigt nicht nur, wie fragil die Liebe sein kann. Der Film ist insbesondere ein Beispiel, wie fragil ein gutes Drehbuch sein kann.
Es liegt auf der Hand, dass der Grundplot der zu erzählenden Geschichten häufig sich wiederholt: Gebrochene Herzen, Freunde, die einen auffangen, Neid und am Ende das Eintreten von Vernunft auf allen Seiten.
Doch es ist schon bemerkenswert, wie stoisch sich das Drehbuch an diese Narration hält und dabei seine Charaktere aus dem Blick verliert.
Az wird als liebenswürdiger, intelligenter, junger Mann eingeführt. In den Szenen, in denen der komödiantische Aspekt des Films herausgearbeitet werden soll, stellt er sich jedoch dergestalt plump und ungeschickt an, dass es kein kohärentes Charakterbild abgibt und so Dissonanzen bei der Empathie aufkommen.
Auch seine Freundes-Gang passt überhaupt nicht zum Charakter. Der Ghetto-Slang, das über-maskuline Auftreten und unangenehm auffallende Fixieren auf Frauen passen nicht zum Wesen von Az – bis zum Ende bleibt es unklar, was Az und diese Jungs als Freunde zusammenhalten soll.
Die erzählte Geschichte ist zu weiten Teilen vollständig vorausschaubar und schablonenhaft. Das Drehbuch gibt sich keine Mühe, der Story Würze beizufügen, sondern verfolgt bedauerlich krampfhaft die Geschichte des verstoßenen jungen Manns, der um die Liebe der nun nicht greifbaren Partnerin buhlt, dabei auf eine andere Partnerin trifft und sich Prioritäten verschieben.
Trauriger Tiefpunkt ist der Besuch der „Gang“ auf einer Party der Filmcrew, der sowohl vom Verhalten der Gang, als auch der durch sie hilflos abgehandelten Plots kaum künstlicher arrangiert sein könnte.
Auch baut der Film an keiner Stelle eine belastbare Konsequenz des Handelns der Figuren auf: Nahezu jeder Konflikt im Kleinen ist schnell aufgelöst oder hat für den weiteren Verlauf keine erhebliche Relevanz.
Einzig der Konflikt mit der „Gang“ hat längere Auswirkungen, wird aber einerseits erwartbar aufgelöst, andererseits dies in einer dergestalt konfliktlosen Art und Weise, dass es schlicht unglaubwürdig ist.
Dabei hat der Film auch seine positiven Momente: Wenn Az und Tänzerin Lila aus dem Alltag auszubrechen erscheinen, weil für sie nur noch die Musik und der Tanz existieren, spürt man auch als Zuschauender die Freiheit. Dazu tragen auch die mit treibenden Beats unterlegten, algerischen Musikstile bei, die ab der ersten Note mitreißen. Auch die viel zu wenig eingesetzten Szenen, in denen Az selbst mit Kopfhörern vor einer kitschigen, aber nicht minder wirkenden Meereskulisse tanzt, verfehlen diese Wirkung nicht.
Auch schafft es der Film, zum Ende doch noch einen Überraschungsmoment einzubauen, wo -endlich- der Film sich von seiner vorausschaubaren Erzählung emanzipiert. Nur, um in den letzten Minuten noch einmal alles an Kitsch herauszuholen, was in den vorherigen Minuten angenehm zurückgefahren wurde.
Es geht nicht darum, dass der Film eine schon bekannte Story erneut erzählt. Es geht darum, wie nüchtern und zugleich ungelenk diese Story erzählt wird.
Das ist besonders bitter, weil die Szenerie (Meer, Sonne, Tanzen) so viel in sich trägt, was der Film emotional zu vermitteln versucht und die Grundidee, dass Freunde wichtig sind, dass Tanzen Freiheit bedeutet, durchaus einen Punkt trifft.
Aber bitte nicht verpackt in diesem Drehbuch.