Drehbuch: Nick Schenk, Nick Schenk, Dave Johannson
Schauspieler*innen: Clint Eastwood, Christopher Carley, Bee Vang, Ahney Her
Kinostart D: (FSK 12)
Kinostart US:
Originaltitel: Gran Torino
Laufzeit: 1:56 Stunden
Filmkritik zu Gran Torino
Der Trailer hat mich tatsächlich ein wenig auf die falsche Fährte gelockt. „Gran Torino“ ist keinesfalls ein Selbstjustiz-Thriller der einfach gestrickten Sorte. Vielmehr entpuppt sich der Streifen als ein vielschichtiges Drama, das eine fast magische Mischung aus Spannung, Dramatik und einem Hauch Komik bietet. Eastwood schildert sehr eindringlich das Entstehen einer Gewaltspirale, aus der es kein Entkommen gibt. Und er zeigt in hervorragender Weise, wie ein Mann, der sich anfangs um seine „schlitzäugigen“ Nachbarn einen Teufel schert, später bereit ist, sein Leben für sie zu riskieren.
Wer glaubt hier einen Eastwood zu sehen, der ganz im Sinne seines früheren Images, mit gezogener Waffe durch die Straßen spaziert und wahllos Bösewichte über den Haufen schießt, wird enttäuscht sein. Dreh- und Angelpunkt des Films ist nicht die Gewalt, die nur am Rande stattfindet (und erfreulicherweise auch nicht leinwandfüllend in Szene gesetzt wird), sondern die Beziehung Walts zu dem chinesischen Nachbarsjungen Thao. Und so sind auch die großen Momente des Films nicht jene, in denen geschossen wird, sondern jene, in denen zwischen Alt und Jung, zwischen Amerikaner und Asiate zaghafte Annäherungen deutlich werden. Dass Walt im Koreakrieg gegen die von ihm ganz pauschal gesehenen „Schlitzaugen“ gekämpft hat, gibt dem Film eine besondere Würze. Ebenso wie die Tatsache, dass er durch die entwaffnende Freundlichkeit der chinesischen Nachbarin Sue erstmals in seinem Leben gezwungen ist, sich der fremden Kultur zu öffnen – und tatsächlich Gefallen an ihr zu finden.
Ich gehe soweit und sage, dass Eastwood in „Gran Torino“ eine seiner besten schauspielerischen Leistungen ever abgeliefert hat. Er spielt den grummeligen Griesgram mit Bravour. In wütenden Szenen wirkt er wie ein wütender Kampfhund, der blind zubeißen würde; nur um dann kurze Zeit später doch zu zeigen, dass unter der harten Schale ein weicher Kern schlummert. Ist der Zuschauer anfangs möglicherweise abgeschreckt von seiner abweisenden Art, gewinnt Walt in kürzester Zeit doch alle Sympathien für sich. Unterstützt wird diese Entwicklung durch die dezent eingesetzte Komik, die nie klamaukhaft ist, sondern Walt jederzeit seine Würde behalten lässt und seinem Charakter nur noch mehr Kontur gibt.
Kurzum: Clint Eastwood ist der Godfather of Storytelling! Und spätestens wenn der sonst so raue Clint im Abspann beginnt, mit seiner Reibeisenstimme von einem Gran Torino zu singen, fängt es an zu kribbeln. Gänsehaut pur. Wirklich großes Kino – zum Niederknien.