Drehbuch: Ian Fleming, Robert Wade, Neal Purvis, John Logan
Schauspieler*innen: Daniel Craig, Judi Dench, Javier Bardem, Ralph Fiennes
Kinostart D: (FSK 12)
Kinostart US: (FSK PG-13)
Originaltitel: Skyfall
Laufzeit: 2:23 Stunden
Filmkritik zu James Bond 007 – Skyfall
Totgesagte leben länger, das gilt nicht nur für den in diesem Film auferstandenen Bond, sondern für die Bond-Reihe an sich. „Casino Royale“ war ein recht guter Einstand für Daniel Craig, „Ein Quantum Trost“ war eher Mittelmaß, weil ihm viele Eigenschaften fehlten, die einen Bond-Film nicht zu einem x-beliebigen Agententhriller, sondern eben zu einem Bond-Film machen. „Skyfall“ ist nun endlich die perfekt gelungene Mixtur aus dem charmant-verschmitzen Connery-Bond und den modernen Schauwerten. Bond ist auf beste Weise wieder im Zeitgeist angekommen.
Endlich zeigt Bond nicht nur wieder an der Waffe, was ihn so außergewöhnlich macht. Sprachliche Schlagfertigkeit und Wortgewandtheit sind Dinge, die ich beim Craig-Bond bisher vermisst habe. Doch in „Skyfall“ dreht der feine Herr so richtig auf. Und so sind es für mich vor allem die vielen Dialog-Szenen, die diesen Bond so außergewöhnlich machen. Egal ob Bond sich gerade ein Wortgefecht mit seiner Chefin M liefert oder jeder Dialog mit jeder hübschen Frau in jedem Satz eine unterschwellige Einladung zum Koitus ist – da ist Dynamik drin, das hat Witz. Und obwohl hier weitaus mehr Humor geboten wird als etwa im Vorgänger, ist der neue Bond weit davon entfernt eine Krimi-Klamotte der Marke „Nackte Kanone“ zu werden. Es ist schon alles bitterer Ernst, aber eben hier und da mit einem smarten Spruch garniert. Das gefällt.
„Skyfall“ schafft es nach 50 Jahren Bond tatsächlich, dem ganzen Thema noch etwas Neues hinzuzufügen. Einen Blick in die Vergangenheit des Superagenten durften wir noch nie wagen. Zudem hat der Film tatsächlich eine tiefer greifende Geschichte zu erzählen, nicht nur das übliche „Superbösewicht bedroht die Menschheit mit Atom-, Bio- oder Laser-Waffen“. Zwar hätte dem Film im Mittelteil noch mal eine kleine Prise Action gut getan, aber ansonsten ging die Dialoglastigkeit schon ganz in Ordnung. So bietet die Rahmenhandlung nicht bloß einen Grund, diverse Action-Szenen lose miteinander zu verquicken, sondern sie bietet tatsächlich Handlung mit Substanz, zeichnet das Persönlichkeitsbild von Bond etwas schärfer und erzählt auch mehr über den Geheimdienst MI6 als sonst üblich.
Was die Action-Szenen angeht, wird grundsolide abgeliefert, ohne sich in dem inzwischen üblichen Bombast zu ergehen. Dem Großteil der Actionszenen merkt man keine großartigen CGI-Nachbesserungen an. Vieles wirkt noch handgemacht, was der Authentizität zugute kommt. Es zahlt sich aus, dass man auf den großen Bösewicht verzichtet hat, der mit seinen Waffen ganze Landstriche ausradieren kann. Auch durch den Verzicht auf abgefahrene Gadgets ist der Film eher bei der Bourne-Reihe denn beim Mission-Impossible-Franchise anzusiedeln. Doch im Gegensatz zu Bourne ist hier die Kameraarbeit weitaus gemächlicher. Durch den stets vorhandenen Überblick über das gesamte Geschehen, auch in den verwirrendsten Verfolgungsjagden, kann man die schnellen Szenen richtig genießen. Persönliches Highlight: ein packender Faustkampf, der rund 30 Sekunden ohne einen einzigen Schnitt auskommt . Da sieht man genau, wer gerade wem die Faust in die Magenkuhle rammt, ohne eine rumpelnde Kamera die meint, dass man Actionszenen am besten dadurch Dynamik gibt, indem an sie die Treppe runterpurzeln lässt. Und jetzt kommst du, Schnittgewitter-Bourne…
Neben einem tollen Händchen für das genaue Timing des (Bildaus-)Schnitts beweisen Regisseur Sam Mendes und Kameramann Roger Deakins auch ein gutes Gespür für Stimmungen und Farbgebung. Und so besticht der Film nicht nur im pulsierenden Lichtermeer Shanghai mit seiner satten Farbgebung. Sei es das knallige Orange des Feuers oder der kühle blaue Schimmer von Computer-Bildschirmen, die Craigs eh schon kantigem Gesicht den letzten Schliff zu geben scheinen. Die Darstellerleistungen fügen sich stimmig ins Gesamtbild ein. Das ein oder andere Mal habe ich mich diesmal bei dem Gedanken erwischt, dass Daniel Craig vielleicht doch der beste Bond ist. War er bisher fast immer nur cool, so ist er in „Skyfall“ endlich auch smart und in mancher Hinsicht menschlich-sympathisch, zeigt nicht nur Ecken und Kanten, sondern auch Fehler und Schwächen (damit meine ich nicht nur die für schöne Frauen). Judi Dench nimmt man auch hier wieder ihre uneingeschränkte Autorität ab und stellt sich eine Geheimdienst-Chefin ebenso kühl-berechnend vor, wie Dench sie verkörpert. Und ganz nebenbei bemerkt: schon spannend, dass eine Frau von nunmehr 78 Jahren eine frischere Frisur hat als so manche 30-Jährige. Javier Bardem zeigt mal wieder, dass er einen 1a-Bösewicht geben kann; und zwar so gut, dass Dani und ich uns unabhängig voneinander an die Meisterleistung von Heath Ledger als Joker in „The Dark Knight“ erinnert fühlten. Falls also noch mal ein durchgeknallter Psycho gesucht wird – dafür hat sich Bardem mit „Skyfall“ nachdrücklich empfohlen.
Tolle Actionszenen, durchdachte Dialoge, stimmige Story mit immer wieder neuen Überraschungen, gute Darsteller – habe ich was vergessen? Summa summarum bleibt „Skyfall“ einer von den wirklich guten Bond-Filmen, von denen man schon beim Abspann viele Fortsetzungen sehen will.