Filmszene aus The Fall

The Fall

Regie: Tarsem Singh, Morag Cameron
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Lee Pace, Catinca Untaru, Jeetu Verma, Marcus Wesley

Kinostart D:
Kinostart US: (FSK R)
Originaltitel: The Fall
Laufzeit: 1:57 Stunden
Filmposter: The Fall

Filmkritik zu The Fall

Benutzerbild von andreas
4/ 5 von

Tarsem Singh lieferte uns mit „The Cell“ zwar nicht gerade den spannendsten, aber doch einen der optisch aufsehenerregendsten Thriller der letzten Jahre. Anstatt einfach nur wie „Saw“ und Co. das Treiben eines Serienkillers von außen zu zeigen, verfrachtete er uns samt Latina-Queen JLo in dessen Gehirn, in dem wir mit schauerlichen Frauenbildern und imposanten Allmachtsfantasien konfrontiert wurden. Zwar hat der Regisseur seinen Namen inzwischen auf Tarsem verkürzt, rein von der Optik her bleibt er sich in seinem neuen Werk „The Fall“ jedoch absolut treu.

Los Angeles in den 20er Jahren: die achtjährige Alexandria liegt mit einem gebrochenen Arm im Krankenhaus. Aus purer Langeweile sucht sie den Kontakt zu dem Stuntman Roy Walker „(Pushing Daisies“-Star Lee Pace), der sich in der Klinik von einem folgenreichen Betriebsunfall erholt. Doch eigentlich möchte Roy lieber sterben, da ihn seine Freundin wegen eines anderen verlassen hat. Für den Freitod fehlen ihm aber die notwendigen Tabletten. Mit einer fantastischen Geschichte versucht Roy sich das Vertrauen von Alexandria zu erwerben. Die ist von den Erzählungen rund um enttäuschte Liebe, Sklavenbefreiungen und böse Herrscher so begeistert, dass sie Roy keinen Wunsch abschlagen kann…

Wenn ich mir die bisherigen Meinungen unseres Cinemaxx-Forums ansehe, so fällt mir spontan kein anderer Film ein, der dermaßen polarisiert (nicht mal „The Fountain“!). Man liebt ihn oder man hasst ihn, ist begeistert von der skurrilen und farbprächtigen Story oder hat sich stundenlang gelangweilt. Ich habe mich für die Begeisterung entschieden.

Optisch macht der Film richtig was her. Wie kaum ein anderer weiß Tarsem die Leinwand für den imposanten Effekt zu nutzen, und zwar nicht durch bombastische Explosionen oder riesengroße Monstermaschinen, sondern durch die naturgegebene Landschaft, die natürlich an einigen Stellen schon ein wenig gepimpt wurde, um noch mehr Ästhetik zu bieten. Wenn man eine gewaltige Sanddüne auf der Leinwand sieht, vor der am untersten Bildrand nur fast mikroskopisch kleine Darsteller schemenhaft zu erkennen sind, weiß man, dass es noch Filme gibt, die nur im Kino richtig wirken.

Nicht nur bei der Wüstenszene, die fast 1:1 aus dem Vorgänger „The Cell“ übernommen scheint, werden Parallelen zum Cyber-Thriller deutlich. Auch so manches Kostüm kommt einem irgendwie bekannt vor und unterstreicht die ausgefallene Handschrift des Regisseurs.

Während an sich also an fantastischen Bildern satt sehen kann, gibt es auch noch eine Story, die dem Zuschauer tatsächlich einiges an Offenheit für Skurrilitäten abverlangt. Auch hier könnte man sagen, dass vieles wie mit der heißen Nadel zusammengestrickt wird. Doch dass viele Personen und Gegenstände so verquer in diese Fast-Geschichte aus 1001 Nacht gemischt werden, passt ganz ins Konzept.

Wer kennt das nicht: man erwacht morgens aus dem Halbschlaf, hat unzusammenhängendes Zeug geträumt (a la „Warum konnte die Katze im Traum Fahrrad fahren?“) und wird sich erst nach und nach klar, dass viele der Traumbilder ihren Ursprung in der eigenen Vergangenheit haben. Alltägliches wird in Träume eingewoben, verbindet sich mit Urängsten oder schönen Gefühlen und hinterlässt einen unauslöschlichen Eindruck, ein zusammenhangloses Fragment. „The Fall“ lässt den Zuschauer teilhaben an der vielfältigen Vorstellungskraft eines kleinen Mädchens. Ich hatte sehr viel Spaß daran, zu sehen, wie Dinge aus dem Alltag den Weg in ihre Traumwelt gefunden haben.

Der Erzählstrang aus der blanken Realität gerät dabei fast in Vergessenheit. Die Geschichte um einen Mann, der sich das Leben nehmen will und dafür auf die Hilfe eines kleinen Mädchens vertraut ist zugegebenermaßen todlangweilig. In ihrer Funktion als Ideengeber, der notwendig ist, um der Traumgeschichte ein anständiges Gerüst zu geben und Eindrücke zu liefern, die in der Fantasie umgesetzt werden, funktioniert sie dann doch.

„The Fall“ ist zugegebenermaßen nicht für den Mainstream produziert. Er bietet keine wirklich groß durchdachte Handlung, sondern bietet eher wie viele Kunstwerke Platz zur freien Interpretation. So mancher kann mit vielen Malereien nichts anfangen, während andere ganze Welten in ihnen entdecken. Ebenso ist es bei diesem Film: ich fand es schön, die Vorstellungskraft und die verwirrten, teils fast lächerlichen Wege einer Kinderfantasie zu entdecken, umgesetzt in Bilder, die man teilweise lange Zeit nicht vergessen wird.

The Fall im Heimkino

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