Drehbuch: Stephen Fingleton, Steve Brookes
Schauspieler*innen: Martin McCann, Mia Goth, Olwen Fouéré, Barry Ward
Kinostart D: (FSK 16)
Kinostart US:
Originaltitel: The Survivalist
Laufzeit: 1:48 Stunden
Filmkritik zu The Survivalist
Wie stellt man sich die Welt nach dem Ende der Zivilisation vor? Horden marodierender Zombies, oder der Zusammenbruch aller touristischer Sehenswürdigkeit gleichzeitig könnten Bilder sein, die einem vor Augen stehen. Stephen Fingleton findet in seinem ersten Langspielfilm The Survivalist eine etwas andere Antwort. Anstatt nach der Zerstörung zu fragen, widmet er sich dem Erhalt des Status Quo. Denn wovon lebt der Mensch? Scheint dabei die tragende Frage des Films zu sein.
Auf einem nordirischen Waldstück hat sich ein junger Mann (Martin McCann) eine kleine Farm angelegt. Neben dem Bretterverschlag, in dem er lebt, hat er sich aus alten Flaschen, Teilen von Möbeln und anderen Abfällen Beete angelegt, um die er sich mit Hingabe kümmert. Diesen zunächst bescheiden erscheinenden Besitz ist er bereit, mit allen Mitteln zu verteidigen. Keine Sekunde lässt er seine Umgebung aus den Augen, immer scheinen seine Nerven auf das Äußerste gespannt. Nicht einmal zum Pinkeln trennt er sich von seiner Schrotflinte. Die rasant anwachsende Weltbevölkerung und die zugleich abrupt stagnierte Ölförderung haben zum Zerfall zivilisatorischer Werte geführt, Genaueres erfährt der Zuschauer nicht. Was bleibt, sind die Möglichkeiten der Selbstversorgung. Die Bewältigung eines Alltags abseits der Zivilisation steht damit im Zentrum des Films. Das Leben, das sich der Mann im Wald aufgebaut hat, schlägt eine unerwartete Richtung ein, als plötzlich zwei Frauen vor seiner Behausung auftauchen. Die beiden, Mutter (Olwen Fouere) und Tochter (Mia Goth), bitten um etwas zu essen. Nachdem er sich zunächst weigert, lässt er sie doch eintreten. Im Austausch für Sex ist er bereit, die zwei Frauen zunächst bei sich wohnen zu lassen, ohne ihnen dabei auch nur im Geringsten zu vertrauen.
In diesem Setting entspinnt sich in The Survivalist ein Kammerspiel, in dem das Misstrauen zum beherrschenden Gefühl wird. Der Wald erscheint beengend, ohne Sicherheit zu bieten. Die Gefahr, die von der Welt ausgeht, ist immerzu spürbar, ohne lokalisierbar zu sein. Unter dem Druck dieser feindlichen Außenwelt entspannt sich zwischen den Figuren eine Dynamik des Argwohns. Dabei spielt der Film gekonnt mit den spezifischen Möglichkeiten der Dreierkonstellation, in der sich die Solidaritäten jederzeit verschieben können und die Figuren nicht einmal ihren Nächsten vertrauen können. Was dabei entsteht, ist ein ausgesprochen sinnlicher Film. Das Lauschen auf die Geräusche des Waldes, das Spähen zwischen den Bäumen hindurch und das Fühlen der Erde und der Körper überträgt sich auf den Zuschauer und macht den Film so zu einer körperlich intensiven Erfahrung. Gerade in den Momenten der Stille und des Verharrens entsteht hier so oftmals die größte Spannung. The Survivalist ist ein wunderbar gespielter, faszinierend energetischer Film, der den Zuschauer von der ersten Minute an mitreißt und sich auch lange Zeit später nicht so ganz abschütteln lässt.