Filmszene aus Wir sind die Nacht

Wir sind die Nacht

Regie: Dennis Gansel
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Karoline Herfurth, Nina Hoss, Jennifer Ulrich, Anna Fischer

Kinostart D: (FSK 16)
Kinostart US: (FSK NR)
Originaltitel: Wir sind die Nacht
Laufzeit: 1:36 Stunden
Filmposter: Wir sind die Nacht

Filmkritik zu Wir sind die Nacht

Benutzerbild von andreas
5/ 5 von

Da mir die Verfilmung von „Die Welle“ nicht so gut gefallen hat, da sie eindeutig auf ein jüngeres Publikum abzielte, war ich bei Dennis Gansels neuestem Film doch sehr skeptisch. Doch auch heute noch stehe ich zu meinem ersten Statement zu dem Film: „Halt mir für bekloppt, aber für mich war das der beste deutsche Film, den ich je gesehen habe!“

Gansel verpasst diesem Film eine absolut undeutsche Optik, der ich auch auf dem internationalen Markt große Chancen zutraue. Die Inszenierung ist absolut auf den Punkt und versteht es, in Sekundenbruchteilen Stimmungen und Atmosphären spürbar zu machen. Schon die ersten Szenen des Films haben mich geradezu gefangen genommen.

Die Darstellerinnen komplettieren diesen optischen Gesamteindruck, einerseits durch ihre Attraktivität (ich sage nur Nina Hoss’ blonde Mähne in Zeitlupe beim Abtanzen…), zum anderen durch ihre guten Darstellerleistungen. Teils nur mit einem Wimpernschlag angedeutete Gefühlsregungen sprechen mehr als tausend Worte und zeigen eindringlich den Spagat zwischen Glücksseligkeit und Verdammnis.

Dass der Film auf der „Twilight“-Welle schwimmt, merkt man zum Glück nur daran, dass Gansel seit über 10 Jahren versucht hat, für einen Vampirfilm Produktionsmittel zu bekommen. Erst jetzt lassen sich deutsche Produzenten auf diesen für Deutschland eher ungewöhnlichen Stoff ein. Eigentlich verwunderlich, ist doch der deutsche Film „Nosferatu“ der Ursprung aller Vampirverfilmungen. Egal, jetzt ist das Geld da und es wurde sinnvoll angelegt. Denn „Wir sind die Nacht“ ist keineswegs ein billiger Abklatsch von „Twilight“-Franchise. Zwar bietet auch der deutsche Film eine Liebesgeschichte, die im Gegensatz zum pilcher-esken „Twilight“ in homöopathischen Dosen nur angedeutet wird.

Hauptbestandteil des Films sind vielmehr alle Facetten des Vampir-Daseins. Anfangs mag es verführerisch sein, ewig zu leben und egal was man treibt/isst/trinkt/raucht ewig schön zu bleiben. Doch schnell wird klar, dass dafür einiges auf der Strecke bleibt – nicht nur das Sonnenlicht.

Gansel verdeutlicht anhand seiner vier zugegebenermaßen stereotypen Hauptdarstellerinnen Freud und Leid der Vampire. Während Louisa auch nach hundert Jahren noch rastlos auf der Suche nach der einzig wahre Liebe ist, trauert Ex-Stummfilm-Star Charlotte (Jennifer Ulrich, „Die Welle“) ihrer inzwischen dahingeschiedenen Familie nach. Die quirlige Nora (Anna Fischer, „Groupies bleiben nicht zum Frühstück“), die passenderweise während einer Love-Parade gebissen wurde, genießt das neue Leben in vollen Zügen (und PS-starken Ami-Schlitten). Lenas großes Problem ist vor allem, dass sie neuerdings darauf angewiesen ist, Menschen zu töten, um satt zu werden. Das schmälert ihre Freude über die neu gewonnene Kraft und Attraktivität doch immens.

Zugegeben: der Film lebt davon, dass man sich ihm hingeben kann. Mich hat die Dramatik von Beginn an gefesselt. Für all jene, bei denen das Drama nicht funktioniert, bietet der Film einige Szenen, die ihm ordentlich Minuspunkte einfachen könnten. Bestes Beispiel ist für mich eine herausragende Szene, de ich in jedem anderen Film vermutlich als Kitsch hoch zehn bezeichnet hätte (ich sage nur zwei Worte: Sterbeszene, Altenheim). In diesem Film jedoch treibt sie mir allein beim daran denken wieder Gänsehaut über den Rücken. Wer nicht so gefesselt ist wie ich hat sicherlich viele Möglichkeiten dem Film einen tiefen Griff in die Klischee-Kiste vorzuwerfen.

Ich für meinen Teil fand den Film hervorragend, setzt er doch sowohl das machtvolle Lebensgefühl als auch die immer einher gehenden Zweifel gekonnt in Szene. Ich würde mir wirklich wünschen, dass der Film ein weit größeres Publikum erreicht hätte als es die offiziellen Besucherzahlen vermuten lassen. Für mich eine absolute Seh-Empfehlung, denn für mich stand bereist nach der Hälfte des Filmes fest, dass er so schnell wie möglich die heimische BluRay-Sammlung bereichern wird.

Wir sind die Nacht im Heimkino

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