Zeit der Kannibalen

Regie: Johannes Naber
Drehbuch:
Schauspieler*innen: Devid Striesow, Sebastian Blomberg, Katharina Schüttler, Joana Adu-Gyamfi

Kinostart D: (FSK 12)
Originaltitel: Zeit der Kannibalen
Laufzeit: 1:33 Stunden
Filmposter: Zeit der Kannibalen

Filmkritik zu Zeit der Kannibalen

Benutzerbild von Tobias
4/ 5 von

Der Film kommt zu zu 90% der Laufzeit mit nur drei Darstellern aus und spielt zu 100% der Zeit in relativ gleich aussehenden Hotelzimmern in den Luxusabsteigen verschiedener Länder. Es gibt keine einzige Außenaufnahme, die bürgerkriegsähnlichen Zustände auf den Straßen bleiben bloße akkustische Andeutung. Es ist ein unglaublich dialoglastiger Film mit relativ dünner Story. Aber es ist eine fantastische, interessante und unterhaltsame Auseinandersetzung mit dem Aufeinandertreffen von Kapitalismus und weniger fortschrittlichen Kulturen, die zum Nachdenken anregt, ohne als Film jemals den moralisch Zeigefinger zu erheben. Wohl tut dies gelegentlich die von Katharina Schüttler gespielte Figur, aber nur um gleich im Anschluss in eine Diskussion mit ihren beiden Kollegen einsteigen zu müssen. Die Frau ist der Gutmensch in diesem Film, die Person bei der sich häufig das schlechte Gewissen meldet. Die von David Striesow gespielte Figur hat starke familiäre Probleme und möchte andere Kulturen durch den Kapitalismus vernichten, um so etwas gegen die Verstümmelung von Frauen dort zu tun. Die dritte Person im Bunde schließlich, gespielt von Sebastian Blomberg, interessiert sich vor allem für sich selbst und seine verschiedenen Paranoia.

Alle drei Schauspieler sind wirklich phantastisch und schaffen es, die Figuren irgendwo zwischen unsympathisch und Verständnis hervorrufend chargieren zu lassen. Die Figuren sind vielschichtig und gleichzeitig charakteristisch. Das darzustellen verlangt schon einiges an Können.

Die Dialoge sind messerscharf, intelligent und packend. Häufig amüsant, regen sie doch zum Nachdenken an, aus Perspektiven, die man so tatsächlich noch nicht in der Klarheit auf dem Schirm hatte. Vordergründig geht es um die Menschen und ihre Machtgier, der politische Aspekt bleibt eher im Hintergrund präsent bis er die Protagonisten irgendwann zu überrollen droht. Dadurch hat der Film eine herrliche Unschwere. Und kann sich unter der Prämisse vor allem Charaktere zu erzählen auch frei machen davon, als Film Stellung beziehen zu müssen zu den politschen Fragen. Auf diesem Weg kann er Fragen öffnen und verschiedene Antwortmöglichkeiten durchspielen ohne sie zu bewerten.

Nicht zuletzt ist der Film aber auch eine Komödie mit einigen wirklich guten Lachern, viel Lächeln und einigem bösen Grinsen. Ein deutscher Film, der wirklich gelungen ist.

Zeit der Kannibalen im Heimkino

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